Etappenfahrt der “Senioren“ 2015 zur Müritz
Pünktlich wie einst die Bahn rollte der Bus am 8. Aug. um 9:00 Uhr Richtung Autobahn. Die Kombination aus Etappen-und Sternfahrt hat sich im letzten Jahr bewährt und sollte in diesem Jahr wiederholt werden – nicht im Süd-Westen sondern schräg gegenüber im Nord-Osten, die Müritz hieß das Ziel.
Grundsätzlich sind Radler Schönwettersportler, sie geben es nur nicht zu. Und wenn die Abfahrt schon im Trüben erfolgt, wer weiß was dann noch kommt. So richtete sich der Blick während der Fahrt hoffnungsvoll nach oben, nur Winni saß in stiller Einkehr auf der Rückbank. Schon lange unterstellen wir ihm heimlichen Kontakt nach „Oben“ zur Abteilung Wetter und wir hatten das Gefühl, der spirituellen Kontaktaufnahme ganz nah beizuwohnen. Wen wundert‘s, mittags in der Lüneburger Heide strahlender Sonnenschein. Am Rand zur Südheide, in Eldingen, stiegen wir auf die Räder und nicht nur Radler-Wunschwetter sondern auch noch leichter Schiebewind, mehr ging wirklich nicht. Leicht angeschoben erreichten wir nachmittags unser erstes Ziel im Landkreis Lüchow-Dannenberg, Dangenstorf an der Deutschen Fachwerkstraße.
9. August
Chef de Tour, Klaus, hatte für den zweiten Tag gleich die Euphoriebremse eingebaut. Alt-Ruppin musste erkämpft werden. 130 Km Etappen stellen uns bei Idealwetter eigentlich vor keine Probleme, doch der Landstrich hat bei aller Schönheit so seine Eigenarten. Aus dem Nichts ändert sich eine wunderschöne Landstraße plötzlich in die Hölle des Nordens. Radsportler wissen den Inbegriff übelsten Kopfsteinpflasters damit zu identifizieren. Und es gibt immer noch Varianten, wenn nämlich eine Straße einfach aufhört. Einheimische haben davon erfahren, die Anderen werden es schon merken. Das Fahren der Anderen ließ sich nach intensivem Umtragen der Räder über LPG-eigenen Acker fortsetzen, doch das Pflaster forderte seinen Tribut, erste Reifenpanne. Die Straße der Romantik auf dem Weg nach Räbel zur kleinen Elb-Fähre behalten wir ganz sicher in intensiver Erinnerung.
Unsere Mittagspause in Havelberg, einer schönen Außenstelle der Bundesgartenschau Rathenow, hatten wir uns verdient. Doch ein Kopfsteinpflaster kommt selten allein, zwei weitere Passagen mit der zweiten Panne folgten, 20 Km Kopfsteinpflaster, ein echter Härtetest.
Unser Quartier in Alt Ruppin lag am Nordufer des Ruppiner See, ein schmaler See von 12 Km Länge, über Kanäle verbunden mit den Wasserstraßen der nassen Welt, ein schöner Vorgeschmack auf die Mecklenburger Seenplatte.
10. August
Es gibt Etappen, da weiß man den Bus zu schätzen. Alt Ruppin – Waren, Landschaft soweit das Auge reicht, hügelig, wellig und abwechslungsreich, aber ohne Möglichkeit auf ein Kaffeepäuschen. Unser Bus half aus, reichlich Wasser, bei den Temperaturen heiß begehrt, Depot für Müsliriegel und kleiner Schattenspender.
Und dann kam Waren, die Überraschung schlechthin. Ausgerichtet auf den Radtouristen, mit teilweise vorrangiger Verkehrsführung für die Radwege, hat man diesen Wirtschaftfaktor erkannt. Wassersportler waren der Ursprung, die Flotte der Hausboote folgte, doch das Geld bringt der Radtourismus. Unser Hotel in Top-Lage am See, wenige Minuten zum Centrum und dem lebendigen Hafen, eine sehr gute Wahl.
11. August
Um die Müritz und durch den Nationalpark, eine beeindruckende Etappe.
Die Größe des Sees und die Einsamkeit der Landschaft wirkten auf uns, da gehörten die Plattenstraßen irgendwie dazu. Elch, Wolf und Wisent hätten uns da auch nicht überrascht. Letztere bereits behütet im Reservat auf fast freien Füßen ganz in der Nähe, der Wolf auf leisen Sohlen langsam auf dem Vormarsch und Meister Klunker wäre sicher die Attraktion, Platz genug hätte er. Trotz aller Einsamkeit, in Boek, am Rand des Nationalparks, fand sich eine gute Gelegenheit zur Mittagspause.
12. August
Kulturtag-Rad hat Ruh, und wenn schon ein riesiger See vor der Haustür ist, sollte eine ausgiebige Schiffstour nicht fehlen. Die Landschaft von der anderen Seite zu betrachten hat auch seine Reize. Und an solch einem Tag darf es auch mal etwas tröpfeln…
Unser letzter Tag in Waren fand im Brauhaus einen wahrhaft würdigen Abschluss.
13. August
Die Rückfahrt erfolgte wieder in zwei Etappen.
Verlässt man die Müritz ist der nächste See gleich nebenan, Kölpinsee, Fleesensee, Plauer See, riesige Wasserflächen, alle miteinander verbunden, dazu Radwege auf einsamen Nebenstrecken, die teilweise selbst für unseren Bus zu klein waren. Bei strahlendem Wetter erreichten wir nachmittags in Crivitz unser Hotel, natürlich am dorfeigenen See gelegen und nur wenige Autominuten von Schwerin entfernt. Schwerins schöne Altstadt überraschte uns, dazu das Schloss im See mit prächtiger Kulisse -die Landesväter wissen wo es sich standesgemäß regieren lässt-; wir hätten abends mehr Leben in diesem Ambiente erwartet. Da kommt dann doch der verwegene Gedanke auf, wir hätten statt des Phönix-Tümpels einen See von Schweriner Ausmaßen: am Westufer der Friedensplatz und am Ostufer stünde das Rathaus von Werl, was wäre hier wohl los im Sommer.
14. August
Schönheit und Größe eines Landes lassen sich kaum besser als mit dem Rad erfahren und wir haben diese einsamen Weiten genossen. Felder auf denen riesige Landmaschinen GPS-gesteuert den geraden Weg finden, Seen an denen man nicht von einem Ufer das andere erkennen kann, Landstraßen von denen man vermutet es seien eigentlich Radwege. Unsere letzte Etappe von Criwitz an den Rand von Boizenburg zeigte uns vieles von dem. Es war nicht der längste, aber der heißeste Tag unserer Tour. Entsprechend ausgelaugt kamen wir nachmittags in dem kleinen Dorfhotel an. Doch statt erster Hilfe in flüssiger Form wurden wir über die Notwendigkeit des Händewaschens aufgeklärt und erhielten technische Anweisung über die Funktion eines Wasserkrans. Wir zeigten uns gelehrig und konnten uns revanchieren mit der kommerziellen Grundregel, dass Umsatz und Ertrag in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Mit Vertiefung dieser Erkenntnis lief es. Wir waren einfach zu platt um abends ins Dorf zu gehen, so waren und blieben wir die einzigen Gäste. Bei solider Hausmannskost wurde sogar der Fernseher in der Gaststube aufgebaut – Start in die neue Bundesligasaison mit der trüben Aussicht nach Spielende, dass Bayern wohl nicht nur das Auftaktspiel gewonnen hat.
15. August
Zügige und problemlose Rückfahrt, der Fahrer wurde bei Laune gehalten, Schulterklopfen für den Chef de Tour, Kopfnicken zu Winnie-, ich glaube er war gerade bei der Danksagung.
Udo Augustin
v.l.n.r.
Manfred Schätte, Winni Ocken, Bernd Müller, Udo Augustin, Klaus Vogel
radsport.tus-westfalia-soelde.de